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Gedichte von Friedrich Hebbel

Christian Friedrich Hebbel war ein deutscher Lyriker und Dramatiker. Geboren als dänischer Untertan und Sohn eines Maurers musste Hebbel und seine Familie aufgrund einer von seinem Vater nicht eingelösten Bürgschaft das Haus verlassen. Die soziale Lage der Familie verschlechterte sich deutlich. 1827, als Hebbels Vater starb, trat der Junge in die Dienste des Kirchspielvogts Mohr, wo er vom Laufburschen zum Schreiber avancierte. Er lebte jedoch in bescheidenen Verhältnissen: Sein Nachtlager, welches sich unter einer Treppe befand, teilte er mit einem Kutscher. Während seiner siebenjährigen Arbeit hatte Hebbel unlimitierten Zugriff auf die Bibliothek von Vogt. Zu dieser Zeit entstanden erste Gedichte, ein Teil dessen wurde später im „Eiderstedter Boten“ veröffentlicht.

Hebbel veröffentlichte später in der Zeitschrift „Neue Pariser Modeblätter“ weitere Gedichte. Die Herausgeberin, Amalie Schoppe, wurde schnell auf den jungen Dichter aufmerksam. Er erhielt materielle Unterstützung und zog nach Hamburg. Dort war er im „Wissenschaftlichen Verein“ tätig, lernte Elise Lensing kennen und lieben und begann ein Tagebuch zu führen.

Trotz der zahlreichen Bekanntschaften lebte Hebbel 1838 noch immer unter ärmlichen Bedingungen. Ein Jahr später wanderte er ohne Proviant von München zurück nach Hamburg. Hier nahm ihn seine alte Geliebte Elise Lensing auf. 1840 brachte sie Hebbels Sohn zur Welt. 1841 vollendete Hebbel seine Tragödie „Judith“, die gedruckt und in Hamburg sowie München aufgeführt wurde. Hebbels Name wurde erstmals in Deutschland bekannt. Er schrieb eine weitere Tragödie „Genoveva“ sowie die Komödie „Der Diamant“. Hebbels Reise brachte ihn 1842 nach Kopenhagen, später Lyon, Avignon, Rom, Marseille und Neapel.

Hebbel verbrachte sein restliches Leben bis zu seinem Tod in Wien, wo er 1846 Christine Enghaus heiratete und mit der er einen Sohn und eine Tochter zeugte.

Nachfolgend die schönsten Gedichte von Friedrich Hebbel:

Herbstbild

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.

– Friedrich Hebbel

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Ein Bild aus Reichenau

Auf einer Blume, rot und brennend, saß
Ein Schmetterling, der ihren Honig sog,
Und sich in seiner Wollust so vergaß,
Daß er vor mir nicht einmal weiterflog.

Ich wollte sehn, wie süß die Blume war,
Und brach sie ab: er blieb an seinem Ort;
Ich flocht sie der Geliebten in das Haar:
Er sog, wie aufgelöst in Wonne, fort!

– Friedrich Hebbel

Liebesgeheimnis

Du nennst die Liebe ein entzückend Träumen,
Ich nenne sie ein schmerzliches Erwachen;
Wir fühlen uns in öden Schlummers Räumen
Gekettet an unwürdig-nichtge Sachen,
Wir schauern, es ergreift uns, ohne Säumen
Frei für das hohe Leben uns zu machen,
Allein, wir Armen sind gar fest gebunden,
Bald ist der Mut, das Sehnen auch, entschwunden.

Ein müder Pilger kommt aus weiter Ferne,
Er streckt sich hin, zu dumpfem Schlaf ermattet.
Durch milden Blütenregen weckt ihn gerne
Der Baum, der still und freundlich ihn beschattet.
Halb wacht er schon. Da leuchten alle Sterne,
Ihn kühlt ein Hauch, mit dem ein Duft sich gattet,
Der ganze Himmel neigt sich auf ihn nieder,
Er seufzt: ein Traum! und schließt die Augen wieder.

– Friedrich Hebbel

Scheidelieder

1

Kein Lebewohl, kein banges Scheiden!
Viel lieber ein Geschiedensein!
Ertragen kann ich jedes Leiden,
Doch trinken kann ichs nicht, wie Wein.

Wir saßen gestern noch beisammen,
Von Trennung wußt ich selbst noch kaum!
Das Herz trieb seine alten Flammen,
Die Seele spann den alten Traum.

Dann rasch ein Kuß vom lieben Munde,
Nicht Schmerz getränkt, nicht Angst verkürzt!
Das nenn ich eine Abschiedsstunde,
Die leere Ewigkeiten würzt.

2

Das ist ein eitles Wähnen!
Sei nicht so feig, mein Herz!
Gib redlich Tränen um Tränen,
Nimm tapfer Schmerz um Schmerz!

Ich will dich weinen sehen
Zum ersten und letzten Mal!
Will selbst nicht widerstehen,
Da löscht sich Qual in Qual!

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In diesem bittren Leiden
Hab ich nur darum Mut,
Nur darum Kraft zum Scheiden,
Weil es so weh uns tut.

– Friedrich Hebbel

Einziges Geschiedensein

Schlummernd im schwellenden Grün
Liegst du, wo Lüfte dich fächeln!
Mädchen, was spiegelt dies Lächeln,
Spiegelt dies zarte Erglühn?

Ach, wie beschleicht es mit Schmerz
Kalt mir den innersten Frieden!
Gänzlich, wie nie noch, geschieden
Fühlt sich von deinem mein Herz.

Was, wie ein göttlicher Hauch,
Jetzt dich durchzittert, das Leben,
Eh du erwachst, wirds entschweben,
Nimmer erfreut es mich auch.

– Friedrich Hebbel

Das Geheimnis der Schönheit

Was ist es, das an alle deine Schritte
Uns fesselt und das Herz uns schwellt,
Und uns zugleich in diese reine Mitte
Von heilger Scheu und süßer Neigung stellt?

Zwar scheinst du, wie aus einer lichtern Sphäre
In unsre Nacht hinabgetaucht,
Als ob der Duft in dir verleiblicht wäre,
Den still der Lotos in die Lüfte haucht.

Doch ists nicht dieser Zauber, der uns bindet,
Uns trifft ein höherer durch ihn,
Bei dem die Seele schauernd vorempfindet,
Wie alle Welten ihre Bahnen ziehn.

Du magst dein Auge senken oder heben,
Den Reigen führen oder ruhn,
So spiegelt sich das allgemeine Leben,
Dir selbst Geheimnis, ab in deinem Tun.

Du bist der Schmetterling, der auf den Flügeln
Den Schlüssel zu der Schöpfung trägt
Und sie im Gaukeln über Au’n und Hügeln
Vorm Strahl der Sonne auseinander schlägt.

Du folgst nur einem flüchtigen Verlangen,
Nur einer Wallung der Natur,
Wenn wir mit trunknen Blicken an dir hangen,
Als zög ein neuer Stern die erste Spur.

Du pflückst in einer kindlich-leichten Regung
Dir Blüte oder Frucht vom Baum
Und weckst durch eine liebliche Bewegung
In uns den frühsten Paradieses-Traum.

Heil uns, daß du in unbewußtem Walten,
Wenn du auch selbst nur spielen willst,
Durch deiner Schönheit leuchtendes Entfalten
In uns das ewige Bedürfnis stillst.

– Friedrich Hebbel

Das Heiligste

Wenn zwei sich in einander still versenken,
Nicht durch ein schnödes Feuer aufgewiegelt,
Nein, keusch in Liebe, die die Unschuld spiegelt,
Und schamhaft zitternd, während sie sich tränken;

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Dann müssen beide Welten sich verschränken,
Dann wird die Tiefe der Natur entriegelt,
Und aus dem Schöpfungsborn, im Ich entsiegelt,
Springt eine Welle, die die Sterne lenken.

Was in dem Geist des Mannes, ungestaltet,
Und in der Brust des Weibes, kaum empfunden,
Als Schönstes dämmerte, das muß sich mischen;

Gott aber tut, die eben sich entfaltet,
Die lichten Bilder seiner jüngsten Stunden
Hinzu, die unverkörperten und frischen.

– Friedrich Hebbel

Ich und du

Wir träumten von einander
Und sind davon erwacht,
Wir leben, um uns zu lieben,
Und sinken zurück in die Nacht.

Du tratst aus meinem Traume,
Aus deinem trat ich hervor,
Wir sterben, wenn sich eines
Im andern ganz verlor.

Auf einer Lilie zittern
Zwei Tropfen, rein und rund,
Zerfließen in eins und rollen
Hinab in des Kelches Grund.

– Friedrich Hebbel

Winterlandschaft

Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche,
bis auf den letzten Hauch von Leben leer;
die muntern Pulse stocken längst, die Bäche,
es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr.

Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise,
erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab,
und gräbt er nicht heraus den Bissen Speise,
so gräbt er, glaub‘ ich, sich hinein ins Grab.

Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend,
wirft einen letzten Blick auf’s öde Land,
doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend,
trotzt ihr der Tod im weißen Festgewand.

– Friedrich Hebbel

Meeresleuchten

Aus des Meeres dunklen Tiefen
Stieg die Venus still empor,
Als die Nachtigallen riefen
In dem Hain, den sie erkor.

Und zum Spiegel, voll Verlangen,
Glätteten die Wogen sich,
Um ihr Bild noch aufzufangen,
Da sie selbst auf ewig wich.

Lächelnd gönnte sie dem feuchten
Element den letzten Blick,
Davon blieb dem Meer sein Leuchten
Bis auf diesen Tag zurück.

– Friedrich Hebbel

Artikelbild: © agusyonok / Shutterstock