Über kaum eine andere deutsche Band wurde so heftig und kontrovers diskutiert wie über die Böhsen Onkelz. Angefeindet, immer wieder auf den Index gesetzt, aber von den Fans umjubelt und stets in der Spitze der Charts zu finden – die Onkelz sind auch sechs Jahre nach dem offiziellen Ende der Band immer noch präsent. Was macht diese Band aus, die von sich selbst einmal sagte, sie sei der Stachel im Arsch der Nation? Worauf gegründet sich ihre große Popularität?
Die Anfänge
Als Stefan Weidner, Kevin Russell und Peter Schorowsky 1980 in der Nähe des beschaulichen Städtchens Aschaffenburg beschließen, eine Band zu gründen, da haben sie bestimmte Vorbilder vor Augen. Sie wollen so sein wie die bekannten britischen Punkbands Sex Pistols oder The Stranglers, und um ihren Vorbildern näher zu sein, färben sie sich die Haare grün und provozieren mit ihrem Outfit die Nachbarn. Die Kinder rufen ihnen „Böhse Onkels“ nach und das wird letztendlich der Name der Band, den die drei Jungs auswählen, als sie beschließen, zusammen Musik zu machen. Sehr schnell bekommt der Gitarrist Stefan, der Sänger Kevin und der Drummer Peter die ersten Engagements und werden ihrem Ruf als Punker mehr als gerecht. Die Texte der ersten Lieder wie „Türken raus“ verherrlichen die Gewalt, sind rechtsextrem und stempeln die Band als asozial ab. Ein Jahr nach der Bandgründung steigt Matthias Röhr, genannt Gonzo, bei den Böhsen Onkelz als Bassist ein und die Band fährt nach Berlin, um die ersten Tracks aufzunehmen.
Die wilden Jahre
In Berlin steht Anfang der 1980er Jahre der Punk im Mittelpunkt. In dieser Umgebung, die aber auch von den ersten Hooligans beherrscht wird, fühlen sich die Jungmusiker sehr wohl. Die Böhsen Onkelz müssen in dieser Zeit Jobs nachgehen, denn noch können sie mit ihrer Musik kein Geld verdienen, auch wenn ihre Konzerte gut besucht sind. Die erste Platte, die sie in in dieser Zeit aufnehmen und die vom Label Rock O-Rama produziert wird, heißt „Netter Mann“ und ist eine Ansammlung von Songs, die sich ausschließlich mit Gewalt, Rechtsextremismus, Sex und Alkoholexzessen befassen. Mit dieser Platte und auch mit dem Nachfolgealbum „Böse Menschen – böse Lieder“, verdienen die Onkelz keinen Pfennig, aber sie werden von der rechten Szene hofiert und sie bekommen Angebote, sich stärker für die Szene zu engagieren. Die Onkelz lehnen ab und geben ihrer Karriere damit eine entscheidende Wende.
Der Weg nach oben
Es sind persönliche Erlebnisse und auch Tragödien, die die Böhsen Onkelz zum Umdenken zwingen. Obwohl sie inzwischen so etwas wie Kultstatus genießen, distanzieren sie sich immer mehr von der rechten Gewalt. Das Album „Onkelz Wie Wir“ grenzt sich deutlich vom radikalen Punk ab, sondern tendiert bereits zum melodischen Metal Rock. Kevins Drogensucht und die Vorwürfe der rechten Szene, sie wären Verräter, verarbeitet die Gruppe in ihrem dritten Album „Es Ist Soweit“, das zwar immer noch kein kommerzieller Erfolg wird, aber die Musikbranche aufhorchen lässt. Mit dem Song „Wir Ham‘ Noch Lange Nicht Genug“ kommt der lang ersehnte Durchbruch, auch wenn der Song einen traurigen Hintergrund hat, denn ein enger Freund der Böhsen Onkelz wird erstochen und sie widmen ihm dieses Lied, von dem 100.000 Exemplare verkauft werden. Auch das Album „Heilige Lieder“, das 1992 auf den Markt kommt, steht unter keinem guten Stern, wird aber mit dem fünften Platz in den deutschen Album Charts ein Riesenerfolg. Die Presse macht Front gegen die Böhsen Onkelz und die Bildzeitung weigert sich sogar, eine Anzeige der Band zu drucken, in der sie sich gegen Fremdenhass aussprechen. 1994 schaffen es die Onkelz, sich endgültig in der deutschen Musikszene fest zu etablieren. Dafür sorgen die beiden Alben „Best of“, „E.I.N.S“ und nicht zuletzt der Song „Viva Los Tios“, der von 0 auf 1 in die Charts schießt und in nur zwei Tagen 300.000 mal verkauft wird.
Der Abschied
Obwohl das Album „Ein Böhses Märchen“ die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen lässt und die Band nach 20 Jahren so erfolgreich wie nie ist, zeichnet sich das Ende der Böhsen Onkelz ab. 2001 geben sie in Bremen ein umjubeltes Benefizkonzert zu Gunst der Opfer von rechter Gewalt und spielen an diesem Abend eine Summe von über 100.000,- Mark ein. MTV will eine Dokumentation über die Onkelz machen, aber die Band will nicht mehr. Mit „Dopamin“ bringen sie 2002 noch einmal ein Album heraus, und auf Wunsch der Fans folgt dann das letzte gemeinsame Album „Adios“, welches das Ende der Böhsen Onkelz darstellt. Aber noch einmal geben sie den Wünschen der Fans nach und spielen im Juni 2005 das Abschiedskonzert „Vaya Con Tioz“ vor 100.000 Menschen in der Lausitz. Dieses Ereignis wird live mit geschnitten und erscheint im Jahre 2007 als Box mit vier DVDs.
Die Zeit danach
Auch wenn die Böhsen Onkelz nicht mehr als Viererformation auftreten, so sind die Mitglieder nach wie vor in der Musikszene präsent. Frontmann Kevin Russell steht nach einem schweren Autounfall mit Fahrerflucht, einem Aufenthalt im Gefängnis und einer erfolgreichen Drogentherapie, bei diversen Festivals mit eigenen Songs auf der Bühne. Stefan Weidner veröffentlichte 2008 sein Soloalbum „Höher, schneller, Weidner“, und machte ein Jahr später eine Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Matthias „Gonzo“ Röhr veröffentlichte bis jetzt drei Soloalben, die sich auch musikalisch deutlich von der Musik der Onkelz abgrenzt. Peter Schorowsky lebt heute mit seiner Familie in der Schweiz und wird 2012 sein erstes Soloalbum mit dem Titel „Dreck und Seelenbrokat“ auf den Markt bringen.